Was wir am Tag des Baumes von unserem eigenen Mischwald lernen können – und wie du selbst mit kleinen Schritten Großes für die Natur tust.
Inhalt
Warum der Tag des Baumes (25.4.) eine neue Wertschätzung verdient
Jedes Jahr erinnert uns der Tag des Baumes daran, wie bedeutsam und wertvoll unsere heimischen Wälder sind – für das Klima, die Artenvielfalt und letztlich für unser eigenes Wohlbefinden. Für mich ist dieser Tag der perfekte Anlass, dich mit auf eine ganz persönliche Reise mitzunehmen: In meinen eigenen Wald, zu meinen liebsten Bäumen und zu unkonventionellen Wegen, wie wir unseren Wald zukunftsfähig machen. Und ich möchte dir zeigen, dass Waldschutz nicht immer riesige Projekte braucht – oft sind es die kleinen, natürlichen Schritte, die langfristig Wurzeln schlagen.
Wie kann ein Wald zur Oase für Vielfalt werden?
Unser Wald ist ein gewachsener, klassischer Mischwald, in dem Fichten, Kiefern und Buchen in allen Altersklassen nebeneinander leben. Diese Vielschichtigkeit ist keine Selbstverständlichkeit: Sie schafft ein stabiles Ökosystem und fördert die Resilienz gegenüber Klimaschäden. Aber ein gesunder Mischwald entsteht nicht immer von selbst – er braucht Pflege und manchmal auch ein wenig Nachhilfe.
Damit unser Wald klimafit bleibt und sich auf natürliche Weise verjüngt, setze ich auf Eichen. Genauer gesagt: Ich säe Eicheln aus, ganz traditionell, damit daraus neue kleine Eichenbäumchen wachsen. Warum? Weil Eichen besonders widerstandsfähig gegen Trockenheit und Krankheiten sind und als Lebensraum für mehr als 1000 Tierarten dienen. Sie sind die stillen Helden im Ökosystem Wald.
Doch Vielfalt im Wald ist noch viel mehr als die Mischung der Baumarten. Sie zeigt sich ebenso im Totholz – das bei uns nicht entsorgt, sondern als liegendes und stehendes „Holz“ für Insekten, Vögel und Pilze bewahrt wird.
Alte, ehrwürdige Eichen am Waldrand – sogenannte Habitatbäume – bleiben bewusst stehen und bieten unzähligen Bewohnern Zuflucht und Nahrung. Am Fuße dieser Giganten wachsen bereits die Baumgenerationen der Zukunft heran.
Wie gelingt natürliche Verjüngung?
Vielleicht fragst du dich jetzt: Was bedeutet eigentlich Naturverjüngung? Ganz einfach: Die nächste Waldgeneration wächst direkt unter den Fittichen ihrer „Mutterbäume“ nach und passt sich vom ersten Tag an optimal an den Standort an. Das macht die Natur ganz alleine, ohne dass jemand Bäumchen pflanzen muss. Im Herbst, wenn die Blätter fallen und die Eicheln reif sind, brauchst du nur ein wenig unter das Laub zu schauen – und schon entdeckst du kleine Baby-Eichen, die aus den Nüssen sprießen.
Diese jungen Bäumchen hebe ich vorsichtig aus der Erde und pflanze sie an strategisch sinnvollen Stellen wieder ein – dorthin, wo der Wald lichter geworden ist oder wo wir durch Sturm oder Schneedruck Verluste hatten. Manchmal reicht es sogar, ein paar Eicheln quer durchs Gelände zu werfen – die Natur regelt das Einwurzeln auf ihre Weise, mit viel mehr Weisheit, als wir Menschen es oft glauben. So gelingt eine Verjüngung auf natürliche Art und Weise.
Die Kraft einer Eichel ist beeindruckend: In ihr schlummert das Potenzial eines stattlichen Baumes. Und wenn du einmal siehst, wie schnell aus einer winzigen Eichel ein fest verwurzeltes Eichenbäumchen wird, begreifst du, wie wenig es oft braucht, um Großes für den Wald zu bewirken.
Warum Totholz und Schadholz so wertvoll sind
Viele Leute denken immer noch, dass totes Holz im Wald nichts zu suchen hat. Für uns ist es aber ein Schlüssel zur echten Kreislaufwirtschaft. Totholz, liegend wie stehend, lassen wir als Lebensraum für Kleintiere, Pilze und Mikroorganismen zurück. Holz, das durch Sturm, Schnee oder Krankheiten beschädigt wurde, bereiten wir für unsere eigene Hackschnitzelanlage auf. So heizen wir mit Schadholz und schließen den Kreislauf: Vom Wald, für den Wald – und für ein warmes Zuhause.
Diese Wiederverwertung schützt die Artenvielfalt, entlastet das Ökosystem und schont die Umwelt, weil kein wertvoller Rohstoff verschwendet wird. Jeder Baum, jede Wurzel und selbst der scheinbar tote Ast schenken Lebensraum oder Energie.
Welche Tiere profitieren von einem vielfältigen Wald?
Vielfalt bedeutet bei uns: Der Wald ist Lebensraum für alle. Manche Ergebnisse sind sofort sichtbar – etwa die zahlreichen Ameisenhaufen am Wegrand, die herumwuselnden Insekten und Vögel, die im Totholz ihre Nester bauen. Aber auch verborgenere Tiere profitieren davon, dass der Wald nicht aufgeräumt und steril gehalten wird.
Die Pilze, die zwischen abgestorbenen Ästen wachsen, die Käfer, die im morschen Holz leben, und die Eichhörnchen, die sich über jede Eichel freuen – sie alle machen den Wald lebendig und widerstandsfähig. Jeder kleine Eingriff, der Vielfalt erhält oder fördert, bedeutet im Großen eine Stärkung des gesamten Ökosystems.
Warum ist es wichtig, jeden Baum „persönlich“ zu kennen?
Klingt verrückt? Für uns ist es Herzenssache. Ich kenne fast jeden Baum, weiß um seine Geschichte, seine Eigenheiten und seinen Zustand. Gerade in kleineren, familiären Forsten ist das möglich und ein echter Schatz: Du siehst, wie einzelne Bäume wachsen, welche Tiere sich ansiedeln und wie sich das Waldbild im Lauf der Jahre verändert.
Diese persönliche Beziehung schafft Sensibilität und Verantwortung. Sie ermutigt, nicht nur für den eigenen Nutzen, sondern für kommende Generationen zu denken. Jeden Baum, den ich pflege oder nachsetze, betrachte ich als Vermächtnis an die Zukunft.
Was kannst du tun, um die Waldvielfalt zu fördern?
In meinem Kräuterfeld stehen zwei Eichen – meine „Muttereichen“. Sie sorgen Jahr für Jahr für Nachwuchs, indem sie Eicheln abwerfen. Schon mit wenigen Handgriffen kannst auch du einen Beitrag zur Waldverjüngung leisten: Sammle Eicheln ein, zieh kleine Bäumchen vor oder pflanze gezielt Jungpflanzen. Schau nach, was in deinem eigenen Umfeld möglich ist: Nicht jeder hat ein eigenes Waldstück, aber vielleicht eine Streuobstwiese, einen Park oder ein naturnahes Grundstück.
Auch das Bewahren und Liegenlassen von Totholz, das Pflanzen heimischer Baumarten und das Wertschätzen alter Bäume sind Praktiken, die jeder Einzelne umsetzen kann. Ermutige andere, nach natürlichen Lösungen zu suchen – und zeig, dass Waldpflege nichts Exklusives ist, sondern gelebte Verantwortung im Alltag.
Wie sähe dein Wald der Zukunft aus?
Stell dir vor, unser Wald ist auch in hundert Jahren noch lebendig, artenreich und klimafit – weil jeder von uns genau dort angefangen hat, anzupacken, wo es am nötigsten ist. Ich bin überzeugt: Mit Liebe, Respekt und ein wenig pragmatischer Kreativität verwandeln wir Natur in unsere stärkste Verbündete im Kampf gegen Klimawandel und Artensterben.
Lass uns mutig neue Wege gehen und neugierig bleiben – für die Vielfalt, für die kleinen Eichenbabys und für ein lebendiges Morgen. Teile deine eigenen Erfahrungen, pflanz einen Baum, schütze ein Stück Totholz, und werde Teil dieses natürlichen Erfolgsrezepts.
Denn: Jeder Baum zählt. Und jede Tat, so klein sie auch erscheint, schlägt Wurzeln für die Zukunft. Danke an das Projekt „Wir schauen auf unsere Wälder“ für die Anregung. Wir sind gerne Teil des Naturmonitorings.
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Fotos: Anita Arneitz
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